Tag 9
Tag 9
22.02.2018
Ich war mit meiner Mutter die Familie des Kindes besuchen, das von unserem Schulprojekt unterstützt wird. Wir haben Geschenke mitgenommen, 5 Geschichtenbücher, einen Fußball, eine Tafel und einen Spielzeug-LKW mit Würfeln drauf. Die Großmutter hat uns die Tür geöffnet und wir gingen rein. Ich habe nur ein Kind nach dem anderen gesehen. 12 Kinder haben sie! Ich weiss nicht wieviel Platz sie haben. Aber egal wieviel es ist, es wird nicht genug sein für so viele Kinder. Ich versuche es alles zusammen zu bringen, aber ich warne euch jetzt schon vor, es wird ein bisschen kompliziert. Die Großmutter hat zwei Töchter und vier Söhne, sie kommen aus einer der Geisterstädte bei uns in der Nähe. Eine der beiden Töchter ist die Mutter des Kindes unseres Projektes, mit seinen drei Geschwistern. Das macht 4 Kinder. Eine weitere Tochter steckt mit Mann und Kindern in Ghota unter den Bomben, sie fällt hier raus. Der älteste Sohn der Großmutter hat Frau und drei Kinder. Er wurde im Krieg getötet. Seine Frau hat die Kinder bei der Großmutter abgeladen und hat nochmal geheiratet. WTF! Ich weiss. Das macht 3 Kinder die keinen Vater und keine Mutter haben. Der zweite Sohn von Großmutter hat Frau und zwei Kindern. Er ist der einzige echte Versorger der Familie und der 12 Kinder, er arbeitet den ganzen Tag, selbstverständlich. Dann kommt der dritte Sohn, auch er wurde getötet. Er hinterlässt Frau und drei Kinder. Seine Frau war 13 als sie geheiratet hat. Das bestätigt die Vorstellung des Westens, über die Situation der Frau bei uns. Es ist aber falsch, da das nicht der Regelfall ist. Es ist so ein Fall, der das Blut in meinen Kopf schießen lässt. Na gut. Also drei Kinder und damit sie nicht auch ohne Vater bleiben, hat die Großmutter darauf bestanden, dass ihr letzter Sohn, der vierte, mit 17 Jahren die Frau seines verstorbenen Bruders heiratet. Kraaaaaaass. Dachte ich auch. Also mit unserem Projekt helfen wir einem oder drei Jungs von 12 Kindern, wie man es nimmt. Ich saß da und habe versucht den kleinen Jungen den wir unterstützen, davon zu überzeugen mich anzugucken. Das Kind ist psychisch stark geschädigt. Er sieht die ganze Zeit nur auf den Boden. Seine Mutter hat versucht ihm die Geschenke zu zeigen, er hat sie nur weggeschoben. Ich habe ihr gesagt sie sollte ihn in Ruhe lassen, wenn er nicht will. Als er weg war, habe ich die Mutter gefragt was ihr Sohn alles erlebt hat, warum er so sensibel und schwierig ist. Ob sie unter Bomben flüchten mussten, oder so. Sie meinte natürlich, als sie noch in der Stadt waren und sie eingekesselt war. Alle Leute saßen zusammen in den Kellern aber es gab einfach nichts zu essen. Da hat das Kind seiner Mutter immer wieder gesagt, er habe Hunger, bis sie angefangen hat ihn zu schlagen damit er damit aufhört, weil sie ja nichts dagegen machen kann. „Du hast ihn geschlagen?“ war die Reaktion meiner Mutter und ich habe nur den Kopf geschüttelt und weiss jetzt ,wir können machen was wir wollen, das Kind braucht einen Psychologen.Doch das bin ich leider nicht.
Die Nachrichten gehen jetzt von Mund zu Mund. Jetzt erfährt man wer alles bei den Bombenangriffen stirbt. Eine Bombe hat das Auto des Cousins des Freundes meines Vaters getroffen. Die ganze Familie ist schwer verletzt und seiner Tochter wurde das Bein amputiert. Ein Taxifahrer mit seinen Kunden, die hat es direkt erwischt. Von ihnen blieb nichts übrig was auch nur annähernd eine menschliche Form hat, das Taxi habe ich im vorbei fahren gesehen. Und eine Bombe hat eine Schule in einem der schönsten und teuersten Viertels Damaskus getroffen. Drei Schüler sind tot, einer im Kindergarten und zwei Erstklässler. Habt ihr gemerkt, wie der Zauber verschwunden ist? Ich schon.
Der Angriff auf Damaskus ist eine Katastrophe. Damaskus ist nicht die Hauptstadt Syriens. Sie ist die Hauptstadt unseres Lebens.